Das Team der Freilauf Academy (vormals Barefoot Academy) hat täglich mit Füßen und allem, was sowohl körperlich als auch mental dazu gehört, zu tun. Die von ihnen entwickelte freilauf® METHODE ist eine freud- und genussvolle Fortbewegung, die das Erreichen von sportlichen Zielen überflüssig macht. Sie bieten online und offline Kurse für zu stärkende Füße frei vom leistungsbezogenen Sport-Gedanken an. Christina ist seit 2018 bei der Freilauf Academy als Headcoach bei Workshops und in den Ausbildungen tätig und betreut zusätzlich intensiv das Thema Minimalschuhe und Sandalen. Hier liefert sie als Gastautorin Einblicke.
Füße sind wie unsere Hände ganz individuell. Beschäftigt sich jemand mit Fußgesundheit, passiert es schnell, dass es zu Unsicherheiten kommt. “Wie gehe ich denn richtig? Was mache ich denn falsch? Geht das wieder weg? Ich kann bei der Arbeit aber nicht barfuß erscheinen. Der eine Fuß ist mein Problemfuß. Der eine Zeh will nicht so wie es richtig wäre.” Wir arbeiten in der Academy sehr gern mit dem SAID Prinzip (specific adaptation to imposed demands). Übersetzt bedeutet das: spezielle Anpassung an auferlegte Anforderungen.
Vereinfacht erklärt es, dass der Körper und somit auch die Füße, sich anpassen. Wenn unsere Teilnehmer:innen die Schuhe und Socken ausziehen, wird sehr schnell sichtbar, dass ihre Füße sich, so gut es ging, an die konventionelle Schuhform angepasst haben. Dies geschieht nicht von heute auf Morgen, sondern hat viele Jahre gedauert.
Daher legen wir den Fokus immer zusätzlich auf das Training der Füße. Das Tolle ist, dass mit etwas Fleiß und Geduld wirklich viel verbessert werden kann – eben weil wir so Meister:innen der Anpassung sind. Hierzu reichen ein paar sehr effektive Übungen. Wir nennen diese ToeGa (engl. Toe - Zeh und die Endung Ga ist die von Yoga -also Zehen-Yoga).
Allen voran sind hier Übungen wichtig, um die großen Zehen zu aktivieren und wieder stark werden zu lassen. Deren Knochenstruktur ist bis zu viermal dicker als die der Kleinen und nur der große Zeh hat eine völlig autarke, also unabhängige, Muskulatur und spielt sowohl beim Gehen als auch beim Laufen eine der Hauptrollen. Für den Beginn ist es klasse, wenn überhaupt eine Verbindung vom Hirn zu den Füßen geschult wird. Viele kommen da schon an ihre erste Grenze, weil sie die großen Zehen zwar mit den Augen sehen, aber überhaupt nicht angesteuert bekommen. Die Verbindung vom Gehirn zu den Füßen kann stark verbessert werden.
Die Qualität und Regelmäßigkeit der Ausführung ist wichtiger als es schnell abzuarbeiten. Nur 5 bis 10 Minuten jeden Tag sind schon super. Zur Unterstützung kann ein Gummiband über die Zehen gespannt werden, um die gewünschte Position der großen Zehen im Training zu korrigieren. Wir ermutigen unsere Klient:innen immer sehr hartnäckig diesbezüglich, weil der Benefit daraus so groß ist!
Foto: Christina Waltenberger
Zum Ausprobieren
Eine Übung ist zum Beispiel, sich gerade hinzustellen, an beiden Füßen die kleinen Zehen ganz fest auf den Boden zu drücken und die großen Zehen richtig hoch anzuheben, diese Position 5 Sekunden halten und dann wieder ganz langsam abzulegen (3 x 10 Wiederholungen). Auch abends auf dem Sofa einfach mal alle Zehen gleichzeitig spreizen hilft! Mit der Zeit separiert sich der ganz kleine Zeh vielleicht noch intensiver als zu Beginn des Trainings. Weil dies so wichtig ist, haben wir hierzu auch einen extra online Bereich geschaffen. Dazu begleitend das Schuhwerk umzustellen ist großartig und wir freuen uns unglaublich, dass das Angebot in den letzten Jahren, vor allem durch Wildling, so groß geworden ist.
Entscheidet sich jemand überwiegend ganz auf Schuhwerk zu verzichten, ist hierbei noch einmal ganz wichtig zu beachten, dass auch die Haut Zeit für die Anpassung benötigt, obwohl sie an den Fußsohlen mit ca. 4 mm die dickste am Körper ist. Viele schrecken davor zurück, weil sie glauben, dass dicke Hornhaut Voraussetzung dafür sei. Dies ist aber nicht der Fall. Hornhautstellen entstehen durch Reibung. Menschen mit einem ausgeprägten Hallux Valgus z. B., sind beim Gehen besonders im Bereich des Großzehengrundgelenks Scherkräften ausgesetzt und dies ist dann eine Stelle an der viel Hornhaut entsteht. Trainiert diese Person dann so, dass der große Zeh wieder gerader gestellt wird, verändert sich die komplette Statik der Füße und an den Stellen ist dann keine starke Reibung mehr. Wenn Füße dauernd in gepolsterten Schuhen “gebettet” werden, ist das sogenannte Bauchfett unter den Füßen oft “verkümmert” und baut sich mit der Beanspruchung aber wieder auf.
Ein noch größerer, wenn nicht sogar wichtigster Faktor ist die Anpassung der inneren Haltung. Weg vom Perfektionismus, der gern aufkommt, wenn es um Optimierung geht, hin zum Wohlwollen. Anerkennen, wie großartig die eigenen Füße unter den gegebenen Umständen ihr Bestes für Träger:in gegeben haben. Daher ist für uns Freilauf mit der freilauf® METHODE mehr als eine Art der Fortbewegung. Sie ist ursprünglich, “natürlich” und darf wieder entdeckt werden. Wir bieten die Möglichkeiten zur eigenen Körperwahrnehmung an, um das Ur-Vertrauen in den Körper zurückholen.
Foto: Christina Waltenberger
Titelbild: Freilauf Academy