Minimalschuhe: Freund oder Feind?

Minimalschuhe: Freund oder Feind?

Daniel de Lorenzo ist Gründer der IchNatur - Schule für Gesundheit in Krefeld und passionierter Barfußläufer und Barefoot Coach. In diesem Gastbeitrag schreibt er über den richtigen Umstieg aufs Joggen in Minimalschuhen.

Daniel de Lorenzo - IchNatur Schule für Gesundheit

An der Frage, welcher Schuh der richtige ist, scheiden sich die Geister.

Dabei könnte man generell fragen, ob handelsübliche Schuhe ein “Muss” sind, oder ob das Barfußlaufen und das Laufen in Barfußschuhen nicht die natürlichere und gesündere Art des Gehens ist - schließlich hat die Natur uns nicht mit Schuhen ausgestattet. ;-)

Was ist die Kritik an Barfußschuhen?

Kritisiert wird natürlich das, was einen Barfußschuh ausmacht: die dünne Sohle, also die angeblich fehlende Federung und Unterstützung des Fußes.

Denken wir aber mal kurz über die biomechanischen Abläufe unserer Fortbewegung nach: Wie bewegen wir uns richtig, natürlich, und welche physikalischen Kräfte wirken dabei? Halten wir zunächst fest, dass der Mensch drei äußerst unterschiedliche Gangarten benutzt:

  • Gehen
  • Laufen
  • Sprinten (der Relevanz halber hier nicht weiter ausgeführt)

Wie funktionieren die menschlichen Gangarten?

Das Gehen ist biomechanisch eine Pendelbewegung, in der etwas mehr als das eigene Körpergewicht auf den Fuß und unseren Bewegungsapparat einwirkt. Abgesehen vom natürlichen Fettpolster unserer Sohlen bedarf es keiner besonderen Federung. Das merken wir daran, dass der Mensch spontan mit der Ferse aufsetzt, also die anatomischen Federmechanismen seiner Füße und Waden nicht benutzt.

Es gibt zwar die Ansicht, dass auch beim Gehen mit dem Vorderfuß aufgesetzt werden sollte, aber das bleibt letzten Endes eine “Geschmacksfrage” - beim Gehen sind weder Ballen- noch Fersengang schädlich. Lediglich die Achillessehne sollte stets Aufmerksamkeit erhalten, da diese sich schnell verkürzt.

Wenn wir Laufen, haben wir eine komplett veränderte Technik.

Statt mit der Ferse, landen wir mit dem Ballen. Unsere Körpermitte befindet sich nicht mehr hinter, sondern über dem Fuß.

Hierbei handelt es sich um eine Federbewegung: wir verlassen den Boden und landen mit dem (bis zu) Drei- bis Vierfachen unseres Körpergewichtes auf jedem Fuß.

Das sind sehr starke Kräfte und wir wären in der Tat eine Fehlkonstruktion, hätte die Natur uns nicht mit entsprechenden anatomischen Strukturen bestens darauf vorbereitet! Die inneren und äußeren Muskeln unter der Fußsohle fangen zusammen mit der kraftvollen Achillessehne einen Großteil der Energie auf und leiten sie in die Fortbewegung um.

Diese und noch viele andere körperliche Eigenschaften machen den Menschen zum besten Langstreckenläufer des Planeten.

Warum entstehen Verletzungen beim Joggen in Barfußschuhen?

Auf den ersten Blick erscheinen die Argumente gegen Barfußschuhe einleuchtend: Es werden oft Beispiele von Läufern angeführt, die ihre gepolsterten Laufschuhe gegen Barfußschuhe getauscht und sonst nichts verändert haben. Diese klagen nach einiger Zeit über Schmerzen und Verletzungen, die auf die höhere Belastung zurückgeführt werden.

Da aber die meisten Jogger in Laufschuhen auch bei der Gangart „Laufen“ mit der Ferse zuerst aufsetzen, wird klar, dass dies ohne die Polsterung nun zu Problemen führen kann. Zudem sind die Strukturen der Füße, wie Sehnen, Bindegewebe, Muskeln und Knochen, selbst bei sehr gut trainierten Läufern meist unterentwickelt - aufgrund langjährigen Tragens von konventionellen, zu steifen Schuhen.

Hinzu kommt, dass die althergebrachte Lauftechnik für den Bewegungsapparat eine noch höhere Belastung mitbringt. Dies ist mit der natürlichen Lauftechnik nicht der Fall.

Die Beschwerden beim Barfußlaufen resultieren also aus der falschen Technik und fehlender Zeit für die Umgewöhnung, nicht aus zu wenig Material am Schuh. Dies ist auch der Grund, wieso Barfuß-Coaches das Wiedererlernen der natürlichen Fortbewegung fördern.

Kids gone wild

Wie sieht ein guter Umstieg auf Barfußschuhe aus?

Der Umstieg von konventionellen Schuhen auf Barfußalternativen sollte demnach mit Bedacht geschehen. Der Gedanke, dass Barfußlaufen unserer Natur entspricht und nicht gelernt werden muss, ist vollkommen nachvollziehbar und ursprünglich völlig richtig.

In unserer Kultur haben wir jedoch unsere ursprünglichen, naturgegebenen Eigenschaften in vielen Bereichen unseres Lebens so weit hinter uns gelassen, dass wir uns - oftmals durch clevere Werbestrategien beeinflusst - stattdessen Verhaltensweisen antrainiert haben, die uns letzten Endes mehr schaden als gut tun.

Sie können aber jederzeit wieder durch natürliches Verhalten ersetzt werden.

In den meisten Fällen gestaltet sich der Umstieg auf das Gehen in Barfußschuhen unproblematisch. Es entsteht häufig ein leichter Muskelkater in den Waden und die Füße können ein wenig unter Spannung geraten. Beides verschwindet in der Regel nach einiger Zeit. Sollten andere Beschwerden auftauchen, kann dies ein Zeichen für eine falsche Schuhgröße, Fehlstellungen, ein falsches Verhältnis von Spannung und Entspannung oder unnatürliche Bewegungsmuster sein.

Sollte man Barfuß-Laufen lernen?

Beim Laufen in Barfußschuhen wirken, wie beschrieben, weitaus stärkere Kräfte auf den Körper als beim Gehen. Das Erlernen der richtigen, natürlichen Lauftechnik kann Zeit sparen, den Spaß vergrößern und mögliche Verletzungen verhindern. Zum Beispiel ist der Wechsel von einer Landung auf den Fersen zu einer Landung auf den Ballen ein wichtiger Bestandteil des Umstiegs - es ist jedoch nicht alles!

Deine Füße in professionelle Hände zu geben kann den Umstieg einfacher machen und eröffnet Dir ein neues Laufparadigma.

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Infos zu Seminaren, Kursen und persönlichen Coachings bzw. Trainings gibt es unter www.ichnatur.de

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